Umweltfreundlich, sicher und bequem – Züge zählen nicht ohne Grund zu den beliebtesten Verkehrsmitteln. Allerdings haftet ihnen ein Schneckenimage an und wenn es schnell gehen muss, fällt die Wahl dann doch eher auf das Flugzeug. Zu Unrecht, wie wir befinden: Züge holen auf und das rasant. Platz eins ist sogar fast so schnell wie ein Verkehrsflugzeug. Maßgeblich war für unsere Top Ten der schnellsten Züge der Welt nicht die Durschnittsgeschwindigkeit, sondern Maximalleistung und die wird in Zulassungsfahrten erreicht. Aber nichts desto trotz ist die Leistung im Regelverkehr beeindruckend.
250 km/h ist mit dem Auto rasend schnell und auf den meisten Straßen gar nicht erlaubt, auf der Schiene hingegen Schneckentempo. Zwischen Ankara und Istanbul verkehrt der HT65000 der türkischen Staatsbahn und er benötigt für die 533 Kilometer lange Strecke nur mehr 3,5 Stunden. So halbierte sich die Fahrzeit, die vor Inbetriebnahme sieben Stunden dauerte. Kein Wunder, dass Verwandtenbesuche auf ein Minimum reduziert wurden. Bis jedoch der Yüksek Hizli Tren seinen Betrieb aufnehmen konnte, vergingen 13 Jahre. 2001 begann der Bau der Hochleistungsstrecke und vier Jahre später bestellte die türkische Regierung beim Hersteller Alstrom/CHF zehn Zuggarnituren um 180 Millionen Euro. Bis die weißen Züge mit roten und blauen Streifen aber durch das eurasische Land ziehen konnten, vergingen noch einmal neun Jahre. Am 25. Juli 2014 war es endlich so weit und der Betrieb wurde aufgenommen. Im Durchschnitt zieht der HT65000 mit 203 km/h durchs Land. Vielleicht auch deshalb, damit die maximal 409 Passagiere den Komfort etwas länger genießen können. Bahnfahren mit Klasse lautet nämlich das Motto der türkischen Eisenbahnlinie und es gibt ausschließlich Businessabteile und 1. Klasse. Schneller ans Ziel kommen bald auch diejenigen, die von Ankara nach Sives müssen. Geplant ist der Streckenausbau bereits und nun hoffen viele Bewohner, dass die Arbeiten dieses Mal etwas zügiger vorangehen.
Shinkansen N700
Japan
285 km/h
Seit 2007 ist der Hochgeschwindigkeitszug, an deren Entwicklung mehrere Firmen, unter anderem Kawasaki, beteiligt waren, in Japan unterwegs. Technisch möglich wäre eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h, die jedoch noch nie erreicht wurde. Was aber mit dem Shinkansen möglich ist, ist das Durchfahren von engeren Kurven mit einer Geschwindigkeit von 270 km/h. Normalerweise gilt hier eine Begrenzung von 255 km/h, aber eine spezielle Neigetechnik ermöglicht die höhere Geschwindigkeit. Eng ist eine Kurve in diesem Fall, wenn der Radius 2500 Meter beträgt und das kommt gerade auf der Strecke zwischen Tokio und Osaka recht häufig vor. Diese technische Innovation brachte allerdings eine drastische Reduktion der Fahrzeit mit sich: Der Shinkansen N700 benötigt somit für rund 1000 Kilometern nur etwas mehr als vier Stunden. Mittlerweile löste diese Baureihe sämtliche alte Modelle ab, weil sich der Stromverbrauch gleich um 32% verringern ließ. Dies aber bei erhöhtem Komfort und mehr Leistung. Bei jedem Sitz ist zum Beispiel die Klimaanlage individuell regulierbar und innerhalb von nur drei Minuten ist die Spitzengeschwindigkeit erreicht.
Zwischen Taipeh im Norden und der Hafenstadt Kaohsiung verkehren so viele Personen, dass gleich sieben Fluggesellschaften diese Strecke bedienten und das im zehn Minuten Takt. Seit 2007 weichen die Passagiere allerdings auf die Schienenverbindung aus, was im smoggeplagten China eine lobenswerte Einstellung ist. Für die 345 Kilometer lange Strecke wurde ein eigenes Schienennetz gebaut, damit der Hochgeschwindigkeitszug nicht durch den Gegenverkehr gebremst wird. Rund 96 Minuten dauert die Fahrt nun und führt zum größten Teil über Brücken und durch Tunnel. Theoretisch ist das Normalspursystem für 350 km/h ausgelegt, aber der THSR, der von vorne aussieht wie ein UFO, begnügt sich mit moderaten, aber trotzdem noch flotten 285 km/h. In Testfahrten erreichte der Taiwan High Speed Rail allerdings die 315 km/h, was ihm im Ranking der schnellsten Züge der Welt einen Vorsprung verschaffte. Möglicher Grund für die relativ niedrige Regelgeschwindigkeit könnten mehrere Entgleisungen in der Testphase sein, die der Regierung zusätzliche Kosten von 600 Millionen Euro verursachten. Angesichts der 30 Züge, mit denen jeweils 986 Passagiere befördert werden können und dem eigens dafür gebauten Schienennetz in nicht optimaler Lage sind die Kosten für diese Zwischenfälle aber vernachlässigbar. Am Bau des Streckennetzes waren übrigens auch zwei deutsche Baufirmen beteiligt: Bilfinger und Hochtief AG bauten jeweils ein paar Kilometer und das lag unter anderem an den schwierigen Bodenbedingungen. Die Strecke liegt in einem erdbebengefährdeten Gebiet und dafür waren zahlreiche Verankerungen bis zu einer Tiefe von 100 Metern nötig.
Eine Tochtergesellschaft des Automobilherstellers Hyundai entwickelte diesen Hochgeschwindigkeitszug, der es bei Testfahrten auf 352 km/h schaffte. Aufgebaut ist das Modell auf TGV-Technologie und etwas eigenwillig die Zugschnauze. Sie erinnert an einen springenden Delfin und ist leicht nach oben gebogen. Von Seoul aus fährt der KTXII nach Südosten in die Stadt Busan und in den Südwesten mit Zielbahnhof Gwangju. Täglich pendeln mit dem KTX II 100.000 Personen und das auf lediglich zwei Strecken. Zum Vergleich: Die Österreichischen Bundesbahnen befördern täglich sechs mal so viele Passagiere – in ganz Österreich inklusive Weiter- oder Durchfahrt. Damit die Passagiere in Zukunft noch schneller ans Ziel gelangen, arbeitet Hyundai bereits am Nachfolgemodell, dem KTX III und damit dürfte eine Regelgeschwindigkeit von 400 km/h problemlos erreicht werden. Rekordverdächtig war auch die Entwicklungsphase des Projektes, die weit entfernt von jeglichem hohen Tempo war. Bereits 1973 begannen die Überlegungen, ob eine Hochgeschwindigkeitsbahn überhaupt durchführbar wäre. Bis zum Entschluss dauerte es 15 Jahre und als es Zeit wurde, die Züge zu bestellen, entschied man sich, selbst nach Konstrukteuren zu suchen. Das dauerte wiederum ein paar Jahre und bis der erste Serienzug seinen Betrieb aufnehmen konnte, schrieb Korea das Jahr 2008.
Schienen-Ferrari wird der Hochgeschwindigkeitszug der privaten Eisenbahnlinie NTV bezeichnet. Nicht nur weil er außen und innen in feurigem Ferrarirot gestaltet ist, sondern Luca Montezemolo einer der Gründer der Bahngesellschaft ist. Seit 2006 macht er mit einem Schuhhersteller und zwei anderen Industriellen gemeinsame Sache. Stilvolles Design ist den Italienern bekanntlich seit jeher wichtig und so waren gleich 20 Designer an der optischen Aufmachung beteiligt. Theoretisch könnte der Italo AGV von Alstrom mit 360 km/h unterwegs sein. In Frankreich erreichen die Nachfolgemodelle des TGV in Testfahren stets 340 km/h und in Italien sind sie mit maximal 300 km/h unterwegs, weil die Schienen nicht mehr vertragen. Führt ein Streckenabschnitt an der Autobahn vorbei, hat man trotzdem das Gefühl, als ob sich die PKW im Stop and Go Verkehr befinden. Ziel der NTV ist Luxus zum günstigen Preis, jedenfalls bauten die Designer jeden nur erdenklichen Komfort ein: WIFI über Glasfaserkabel mit einer sagenhaften Internetverbindung, die nicht einmal im Tunnel abreißt, Telefon, First Class Abteile mit Touchscreen TV und ein Relax-Abteil mit Handyverbotszone. In der Business und First Class wird zudem ein Menü serviert. Passagiere der Ottonormalklasse gehen allerdings unterhaltungsmäßig nicht leer aus. Es gibt ein Kinoabteil. Sagenhaft an Platz sechs der schnellsten Züge der Welt ist allerdings der Preis. Die etwa dreistündige Fahrt von Mailand nach Rom kostet lediglich 45,- Euro und die Strecke zwischen Rom und Neapel gar nur 20,-. Die staatliche Eisenbahn verlangt rund das Doppelte und sogar eine Fahrt in der ersten Klasse von Rom nach Mailand kostet mit 130,- nicht viel und nur die Hälfte des Fluges in der Holzklasse. Angesichts der italienischen Mautgebühren auf Autobahnen und hohen Preisen auf Inlandsflügen ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Schienen-Ferrari die geplante Auslastung erreicht. Vorerst liegt das Passagieraufkommen allerdings noch weit hinter dem Soll zurück, weshalb das Unternehmen zwischenzeitig Finanzprobleme hatte.
Ave Class 102
Spanien
362 km/h
Unterwegs ist der Entenschnabel in Spanien für die staatliche Eisenbahnlinie Renfa. Entenschnabel deshalb, weil er wegen aerodynamischer Optimierungen tatsächlich so aussieht und er wird in Spanien tatsächlich so genannt: El Pato, der Schnabel. Hochgeschwindigkeitszüge haben mit dem sogenannten Tunnelknall zu kämpfen, der sich mit dieser Konstruktion weitgehend vermeiden lässt. Im Inneren des von Patente Talgo und Bombardier entwickelten Zuges finden sich drehbare Sitze, ein Barwagen und in der 1. Klasse ein Konferenzraum. Maximal zweieinhalb Stunden haben die Passagiere zwischen Madrid und Barcelona anschließen Zeit, um sich auszureden. Zurückgelegt werden in dieser Zeit 621 Kilometer. Nach und nach wird der Ave Class jedoch auf anderen Verbindungen eingesetzt, bei denen es mehrere Zwischenstopps gibt. Bevor ein Zug für den Regelverkehr zugelassen wird, muss in mehreren Testfahrten die maximal zugelassene Höchstgeschwindigkeit um zehn Prozent überschritten werden und so erreichte der Ave Class 102 im Februar 2001 359 km/h und im darauffolgenden Jahr seinen Rekord von 362 km/h. Es kommt nämlich durchaus vor, dass ein Zug unter optimalen Bedingungen, Rückenwind und Heimweh seine Höchstgeschwindigkeit ohne Adaptierungen überschreitet.
Bis 330 km/h ist der ICE 3, der auch außerhalb Deutschlands verkehrt, zugelassen. Auf innerdeutschen Strecken fährt er mit 300 km/h und in Frankreich darf er etwas mehr Gas geben – dort sind 320 km/h erlaubt. Im Jahr 2000 stellte der ICE mit 368 km/h einen Weltrekord als schnellster Serienzug auf. Ein Zug besteht aus acht Wagen, wobei jeder zweite über einen Antrieb verfügt. Hochgeschwindigkeitszüge kommen in der Regel ohne Lokomotive aus. Einer dieser Wagen ist ein Speisewagen, der sich im deutschen Bahnverkehr hartnäckig hält. Weil nämlich Passagiere ihr Gepäck nicht gerne unbeaufsichtigt lassen und der Speisewagen unrentabel ist, verzichten die meisten Eisenbahnlinien mittlerweile darauf. 67 Züge dieses Modells gehören zur Deutschen Bahn, wobei die Baureihe 403 in Deutschland fährt, 406 nach Brüssel und Amsterdam und 406F nach Frankreich. Für Letztere war eine Umrüstung nötig, wobei sich hier mancher fragen wird, wieso die EU kein einheitliches Streckennetz verordnen kann. Einzigartig beim ICE 3 ist die integrierte Knautschzone, die aber entbehrlich sein dürfte. Bis dato gibt es keinen Fall von Zusammenstößen, in denen ein Hochgeschwindigkeitszug verwickelt war und wenn es eine solche gibt, wird die Knautschzone auch nicht viel helfen. Der Bremsweg solcher Züge beträgt nämlich vier Kilometer.
Velaro E
Spanien
403,7 km/hGleich mehrere spanische Städte verbindet der schnellste Serienzug der Welt und das im besten Design. Zumindest gewann der Velaro E der spanischen Eisenbahn in lila/silberner Optik mit hellem Ahorndekor 2008 den Design Award. Abteile sind in diesen Zügen ebenfalls nicht mehr vorhanden, aber für die drehbaren Sitze gilt Reservierungspflicht. 50.000 Testkilometer spulte Platz drei der schnellsten Züge der Welt ab, bevor er für die spanischen Schienen zugelassen wurde. Am 16. Juli 2006, irgendwo zwischen Madrid und Saragossa passierte schließlich der Weltrekord mit 403,7 km/h. Diese Rekordgeschwindigkeit erreichte der Velaro nämlich nicht mithilfe von experimentellen Umbauten, die für solche Vorhaben nötig sind, sondern einfach so. Somit gilt er als schnellster Serienzug der Welt. Siemens, der diesen Zugtyp entwickelte, geht sogar davon aus, dass eine Geschwindigkeit von mehr als 420 km/h durchaus im Rahmen der Möglichkeiten liegt. Von Madrid aus geht es nun recht flott nach Tarraponga, Sevilla und Barcelona sowie von Cordoba nach Malaga.
Ebenfalls auf der Technik des Velaro E basierend, aber in China entwickelt, ist der Harmony-Express, der mit einer Dauergeschwindigkeit von 350 km/h durch das Land der Mitte braust. Anders lassen sich die 1318 Kilometer zwischen Peking und Shanghai sonst auch kaum in etwas mehr als fünf Stunden zurücklegen. Die maximale Höchstgeschwindigkeit beträgt 380 km/h und bei einer Testfahrt am 3. Dezember 2010 auf der Strecke zwischen Shanghai und Hongzhon erreichte der CHR380 sagenhafte 486,1 km/h. Der CHR380 ähnelt der Concorde und verkehrt zusätzlich zwischen Shanghai und Nanjing.
Alt, aber noch immer der schnellste. Diesen Rekord erreichte der TGV zwischen Paris und Straßburg am 3. April 2007. Die Franzosen machten sich bereits Gedanken über schnellere Züge als im restlichen Europa noch mit Bummelzügen Auslangen gefunden werden musste. Schon Ende der 60er Jahre reisten Zugpassagiere in Frankreich mit durchschnittlich 200 km/h durch die malerische Landschaft. 1981 ging schließlich die Strecke Paris-Lyon in Betrieb und der von Alstrom entwickelte TVG wurde zur ernsthaften Konkurrenz im Flugverkehr. Mittlerweile umfasst das französische Hochgeschwindigkeitsnetz 2036 Kilometer und verbindet sämtliche größere Städte. Sogar die Post hat in Frankreich einen eigenen TGV und der knallgelbe Blitz gilt als schnellster Güterzug. Mit bis zu 270 km/h transportiert er 90 Tonnen. Im Vergleich dazu kann ein Flugzeug nur mit 15 Tonnen beladen werden. Inlandsflüge auf TGV-Strecken sind daher praktisch verschwunden. Acht Streckenabschnitte sind derzeit in Betrieb, unter anderem die Verbindung mit den Britischen Inseln, die unter dem Ärmelkanal durchführt. Lediglich zwei Stunden dauert die Fahrt von Paris nach Lyon und zurückgelegt werden dabei 429 Kilometer. Und weil Bahnfahren bei den Franzosen so beliebt ist, kommt auf dieser Strecke seit geraumer Zeit auch ein TGV-Duplex zum Einsatz, mit dem 545 Passagiere befördert werden können.